Für Patienten- und Mitarbeitersicherheit, Forschung und Lehre: mit der bayernweit ersten Professur für Krankenhaushaushygiene wird den Herausforderungen der modernen Medizin – Krankenhausinfektionen, Keimen und Antibiotikaresistenzen – künftig noch besser begegnet.
Krankenhauskeime und zunehmende Wirkungslosigkeit von Antibiotika – das Thema ist aktueller denn je. Der Freistaat Bayern ergreift nun Initiative, um die Krankenhaushygiene in bayerischen Klinika nachhaltig zu verbessern, und richtet die erste Professur für Krankenhaushygiene ein. Angesiedelt wird diese im Institut für Klinische Mikrobiologie und Hygiene des Universitätsklinikums Regensburg (UKR).
Zum 1. März 2017 tritt Professor Dr. Wulf Schneider – weiterbildungsberechtigter Arzt für Hygiene und Umweltmedizin, Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie sowie Facharzt für Labormedizin – diese Professur an. Gemeinsam mit drei weiteren Mitarbeitern wird er das Thema Krankenhaushygiene im Klinikalltag, aber auch in der studentischen Lehre und wissenschaftlich stärker in den Fokus stellen. Das UKR will mittelfristig eine eigene Abteilung für Krankenhaushygiene etablieren und ein „Zentrum für Krankenhaushygiene Ostbayern“ aufbauen. Das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst trägt die Professur und drei weitere, damit zusammenhängende Stellen mit einer Anschubfinanzierung für die ersten drei Jahre.
„Das Universitätsklinikum Regensburg rückt mit der neu geschaffenen Professur für Krankenhaushygiene ein hochaktuelles und brisantes Thema in das Zentrum ihres Forschens. Diese Fachrichtung ist zukunftsweisend und unseren gemeinsamen Einsatz wert“, betont Wissenschaftsstaatssekretär Bernd Sibler. „Es gibt bundesweit nur sieben Lehrstühle für Hygiene. Wir nehmen mit der neu geschaffenen Professur für Krankenhaushygiene eine Vorreiterrolle für Bayern ein“, ergänzt Professor Dr. Dr. Torsten E. Reichert, Dekan der Fakultät für Medizin der Universität Regensburg.
Aufbau krankenhaushygienischer Kompetenz
In Deutschland werden aktuell etwa 18 Millionen Menschen pro Jahr vollstationär behandelt. Je nach Art und Umfang sind medizinische Eingriffe mit einem spezifischen Infektionsrisiko verbunden. Im Jahr 2014 wurden rund 1.200 nosokomiale Ausbrüche, also gehäuft auftretende Krankenhausinfektionen, an das Robert-Koch-Institut gemeldet. Die Häufigkeit nosokomialer Infektionen ist dabei im Vergleich zu früher weitgehend unverändert geblieben. Gestiegen ist aber die Anzahl der Patienten, die zum Zeitpunkt der Untersuchung Antibiotika erhielten. „Durch den Einsatz von Antibiotika wird ein Selektionsdruck auf antibiotikaresistente Bakterien ausgeübt, der zu deren Verbreitung beiträgt. Den zunehmenden Problemen durch nosokomiale Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien steht bundesweit ein erheblicher Mangel an Ärzten mit krankenhaushygienischer und infektiologischer Expertise gegenüber“, führt Professor Schneider aus.
Bereits seit 2010 ist Professor Schneider für die Krankenhaushygiene am UKR zuständig, die nun innerhalb des Instituts für Klinische Mikrobiologie und Hygiene zu einem eigenen Bereich aufgewertet wird.
Am Institut für Klinische Mikrobiologie und Hygiene stellt die Krankenhaushygiene schon heute den am stärksten wachsenden Teilbereich dar. Neben drittmittelgeförderten Forschungsprojekten werden 19 externe Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen in Bayern mit insgesamt über 5.000 Betten in allen wesentlichen Hygiene-Aspekten vom Institut betreut. „Wir haben eine führende Stellung im ostbayerischen Raum, was Hygienefragen angeht. Durch die mit der Professur verbundene Ausstattung können wir nun die vorhandene Infrastruktur sowie die Betreuung und Weiterbildung in ganz Ostbayern noch weiter ausbauen“, kommentiert Professor Dr. Oliver Kölbl, Ärztlicher Direktor des UKR.
Forschung, Lehre, Krankenversorgung – Hygiene als elementarer Baustein
Doch nicht nur im klinischen Betrieb und in der Patientenversorgung ist die Krankenhaushygiene aktiv. Wissenschaftler, die sich mit Hygienefragen befassen, sind derzeit rar. Mit der Einrichtung der Professur verbunden ist dementsprechend auch das Ziel, die Forschung auf diesem Gebiet weiter voranzubringen. „Die Professur wird die Expertise im Bereich der Forschungsschwerpunkte der Fakultät für Medizin ergänzen. Insbesondere gilt dies für die Prävention von zunehmend schwer behandelbaren Infektionskrankheiten mit multiresistenten Erregern im Bereich der Transplantationsmedizin und bei immunsupprimierten Patienten“, erläutert Professor Dr. Dr. André Gessner, Leiter des Instituts für Klinische Mikrobiologie und Hygiene des UKR. Daneben strebt Professor Schneider noch weitere Forschungsprojekte an. So sieht er beispielsweise große Chancen in der Erforschung des Nutzens antimikrobiell beschichteter Oberflächen, um die Erregerlast in der direkten Patientenumgebung in Krankenhäusern zu reduzieren. Einen weiteren wichtigen Tätigkeitsschwerpunkt stellt schon jetzt die Erforschung der Ausbreitung von multiresistenten Erregern im Krankenhaus mittels moderner molekularbiologischer Untersuchungstechniken dar.
Für Studierende der Humanmedizin ist die Hygiene im klinischen Ausbildungsabschnitt Pflicht. In Regensburg ist sie schon jetzt in einem früheren Fachsemester etabliert. „Mein Ziel ist es, die Krankenhaushygiene schon zu Beginn des Studiums als festen Bestandteil zu integrieren. Hierzu möchte ich zusammen mit Pädagogen und Psychologen ein neues Lehr-Lern-Konzept entwickeln, mit dem die Hygienestandards unserem ärztlichen Nachwuchs schon möglichst von Anfang an in Fleisch und Blut übergehen“, verrät Professor Schneider.
Der Infektionsprävention verschrieben
Professor Dr. Wulf Schneider, 1963 in Münster geboren, begann seine medizinische Laufbahn 1992 am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried, nachdem er erfolgreich Humanmedizin und Philosophie studierte. Sein Weg führte ihn über Tübingen, München und Kiel, bevor er 1999 ans Institut für Mikrobiologie und Hygiene der Universität Regensburg wechselte. Nachdem er sich stetig weitergebildet hat, wurde er 2001 Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, 2002 Facharzt für Labormedizin und schloss 2012 eine fünfjährige Weiterbildung zum Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin in Freiburg ab. 2004 erfolgte die Anerkennung als Infektiologe sowie 2010 als Antibiotika-Stewardship-Experte (ABS) durch die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie. Ebenfalls 2010 schloss Schneider seine Ausbildung zum Qualitätsmanager beim TÜV-Süd erfolgreich ab. Professor Schneider engagiert sich aktiv in allen wichtigen deutschen und europäischen Gesellschaften und Kommissionen für Hygiene, Mikrobiologie, Infektiologie und Antibiotikaresistenzen. Des Weiteren ist er in der Landesärztekammer Bayern an den Fortbildungen im Bereich des Curriculums „Krankenhaushygiene“ und an der Durchführung von Antibiotic-Stewardship-Kursen zum Antibiotika-Beauftragten sehr engagiert beteiligt.
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