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20.01.2022

Regensburg auf Ziel

Alle Herzinfarkt-Patienten erreichen ihren LDL-Cholesterin-Zielwert – Hohe Cholesterin-Werte sind entscheidend an Arterienablagerungen beteiligt und können Erkrankungen wie Herzinfarkt auslösen. Um das LDL-Cholesterin bei allen Risikopatienten in einen bestimmten Zielbereich zu senken, schließt sich Regensburg unter der Federführung des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) als eine der ersten Städte bundesweit der „Auf-Ziel“-Kampagne der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF® (Lipid-Liga) e.V. an.

Mehr als 300.000 Menschen bundesweit erleiden pro Jahr einen Herzinfarkt. Überleben sie den Infarkt, so ist das Risiko für erneute Ereignisse einschließlich eines plötzlichen Herztods noch Jahre danach deutlich erhöht. So muss bereits jeder fünfte Patient im Jahr nach dem Infarkt mit einem erneuten Herz-Kreislauf-Vorfall rechnen. Herzinfarktpatienten sind daher Hochrisikopatienten, die einer besonderen Nachsorge bedürfen. Einer der entscheidendsten Faktoren, um das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und weitere kardiovaskuläre Erkrankungen gering zu halten, ist der Wert des LDL-Cholesterins. Für sogenannte kardiovaskuläre Hochrisikopatienten wird gemäß der aktuellen Leitlinie 2019 der European Society of Cardiology (ESC) und European Atherosclerosis Society (EAS) ein Zielwert des LDL-Cholesterins von weniger als 55 mg/dl empfohlen. Diesen Wert bei allen Hochrisikopatienten zu erreichen, hat sich die bundesweite Kampagne „Auf Ziel“ der DGFF® verschrieben. Die Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des UKR wird mit „Regensburg auf Ziel“ nun neuestes Mitglied der Kampagne und will so allen betroffenen Patienten mit Herzinfarkt in Niederbayern und der Oberpfalz helfen, ihr Risiko für erneute Herz-Kreislauf-Ereignisse zu senken.

Was die Zielwert-Erreichung betrifft, besteht eine große Diskrepanz zwischen den Empfehlungen der Leitlinie und deren praktischer Umsetzung. „So erreichen weniger als 20 Prozent der Risikopatienten in Deutschland aktuell den LDL-Cholesterin-Zielwert“, so Professorin Dr. Andrea Bäßler, Leiterin der Lipid-Ambulanz und der kardiologischen Ambulanz der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des UKR. Es gibt zwar wirksame Medikamente zur Senkung des LDL-Cholesterins, die aber bislang nicht bei allen Risikopatienten zum Einsatz kommen. Auch hält sich hartnäckig die Meinung, dass Cholesterin mit gesunder Ernährung in den Griff zu bekommen sei. „Mit Ernährung kann der Cholesterin-Spiegel aber nur um zehn bis fünfzehn Prozent gesenkt werden. Das ist für die meisten Risikopatienten bei weitem nicht ausreichend. Mit ‘Regensburg auf Ziel‘ wollen wir daher in der Öffentlichkeit, bei Betroffenen und behandelnden Ärzten das Bewusstsein dafür erhöhen, wie wichtig die adäquate Einstellung des LDL-Cholesterin-Werts ist, um das Risiko für artherosklerotische Erkrankungen zu senken“, führt Professorin Bäßler aus.


Aktives medizinisches Netzwerk zur Patientenversorgung

Auftakt der Regensburger Kampagne bildet eine Kick-Off-Veranstaltung am 22. Januar 2022 am UKR, bei der niedergelassene Fachärzte, Hausärzte und Mediziner der ostbayerischen Krankenhäuser über die Kampagne informiert und in die Versorgung mit einbezogen werden sollen. „Um den Zielwert bei den Betroffenen in unserem Einzugsgebiet zu erreichen, sind wir auf die Zusammenarbeit innerhalb eines medizinischen Netzwerks angewiesen. Alle Beteiligten in der Primär- und Sekundärbehandlung müssen das gleiche Ziel verfolgen, um den Patienten die bestmögliche Versorgung zu ermöglichen“, so Dr. Michael Hamerle, der die Kampagne am UKR zusammen mit Professorin Bäßler federführend umsetzen wird. Um die Bedeutung der Kampagne für Regensburg zu unterstreichen, wird auch Regensburgs Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer anwesend sein und die Veranstaltung eröffnen.

Neben dem Aufbau eines aktiven Netzwerks sieht die Kampagne vor, alle betroffenen Patienten mit einem Lipidpass auszustatten. In diesem werden die relevanten Lipidwerte und die aktuelle Medikation erfasst, so dass diese bei jeder medizinischen Behandlung auf einen Blick sichtbar und die Entwicklung des LDL-Cholesterins leicht nachvollziehbar ist. Die Regensburger Mediziner können als Kampagnenpartner außerdem auf das lipidologische Netzwerk der DGFF® zurückgreifen, wodurch der medizinisch-wissenschaftliche Austausch gefördert und das vorhandene Wissen auf schnellem Weg geteilt werden kann. Das Universitätsklinikum Regensburg bietet zudem von Montag bis Donnerstag eine Lipidsprechstunde an, die allen Betroffenen mit erhöhten Lipidwerten bei Überweisung durch ihren Hausarzt offensteht.


Ziel ist es, einen Herzinfarkt gar nicht erst entstehen zu lassen

Cholesterin ist lebenswichtig für den Menschen. Die fettähnliche Substanz erfüllt wichtige Funktionen im ganzen Körper. So ist sie beispielsweise am Aufbau der Zellmembran beteiligt, ist aber auch Ausgangsstoff für die Produktion von Gallensäuren zur Fettverdauung sowie für die Bildung von Vitamin D und bestimmten Hormonen. Cholesterin wird hauptsächlich in der Leber hergestellt. Um alle anderen Zellen des Körpers damit zu versorgen, wird Cholesterin über das Blut transportiert. Zuständig hierfür ist das Lipoprotein LDL (Low Density Lipoprotein). Der LDL-Cholesterinspiegel im Blut steigt an, wenn die Körperzellen nicht mehr fähig sind, weiteres Cholesterin aufzunehmen. Ist dies dauerhaft der Fall, kommt es zu Fettansammlungen von LDL-Cholesterin innerhalb der Blutgefäße. Befinden sich diese Ablagerungen in der Nähe des Herzens oder des Gehirns, kann es zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall kommen.

„Das LDL-Cholesterin ist eine der entscheidendsten Ursachen für sämtliche artherosklerotische Erkrankungen wie Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit, Schlaganfall und Durchblutungsstörungen der Beine“, führt Professorin Bäßler aus. „In der Kampagne konzentrieren wir uns zunächst auf die Hochrisikogruppe der Herzinfarkt-Patienten. Langfristiges Ziel soll es aber natürlich sein, den LDL-Cholesterin-Wert aller Betroffenen mit manifesten kardiovaskulären Erkrankungen zu senken. Außerdem wollen wir künftig schon bei der Primärprävention ansetzen, den Spiegel des LDL-Cholesterins regelmäßig zu kontrollieren, und zudem weitere, auch genetisch bedingte Lipidparameter bestimmen, um artherosklerotische Erkrankungen bestenfalls gar nicht erst entstehen zu lassen oder deren Manifestation möglichst lange hinauszuzögern.“

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Foto: © UKR/Franziska Holten

Professor Dr. Andrea Baessler Foto: © Privat

Dr. Michael Hamerle Foto: © UKR/Klaus Völcker