Das 5-Jahres-Überleben von Patienten mit Plattenepithelkarzinomen im Kopf-Halsbereich (HNSCC) liegt seit Jahrzehnten, trotz medizinischer Fortschritte, bei lediglich 60%. Bis heute ist nicht geklärt, weshalb Radio- oder Chemotherapie bei einigen Patienten zu einer Remission des Tumors führen, während bei anderen Patienten ein Ansprechen des Karzinoms auf die Therapie ausbleibt. In den letzten Jahren weckte vor allem die Immuntherapie große Hoffnungen bei der Behandlung von HNSCC. Doch nicht alle Patienten profitieren von dieser Therapieform. Einige zeigen sogar Hyperprogression. Aktuelles Ziel der Forschung ist es, solche Therapiemisserfolge zu erklären und neue, erfolgreichere Therapieansätze zur Behandlung von HNSCC zu finden.
Ein großer Teil unserer Forschung fokussiert sich auf die Regulation und Funktion von PD-L1 in Kopf-Hals-Tumoren (HNC). Die meisten, die mit diesem Protein vertraut sind, assoziieren mit PD-L1 einen membrangebundenen Liganden, der an den Rezeptor zytotoxischer T‑Zellen bindet und diese inhibiert, um der Immunabwehr zu entkommen. Neueste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass PD-L1 weit mehr ist als nur ein immunregulatorischer Ligand. Wir konnten zeigen, dass die Expression und zelluläre Lokalisation von PD-L1 dynamisch ist und eine Vielzahl weiterer aggressiver Tumoreigenschaften, darunter Proliferation, Zellmotilität und einen Selektionsvorteil gegenüber Bestrahlung vermittelt. Die komplexen Regulationsmechanismen und vielseitigen zellintrinsischen Funktionen von PD-L1 sind allerdings noch weitgehend unerforscht. Ziel unserer Arbeitsgruppe ist es daher, die Regulation von PD L1 und dessen zellintrinsische Funktionen im HNSCC weiter aufzuklären, um mit unseren Erkenntnissen zukünftig dazu beitragen Behandlungsresistenzen, insbesondere gegen Immuncheckpoint-Inhibition, zu überwinden und synergistische Kombinationstherapien für die Behandlung von HNC zu entwickeln.
Unter physiologischen Bedingungen sind mesenchymale Stammzellen (MSCs) an wichtigen Prozessen wie der Wundheilung und der Geweberegeneration beteiligt. BMSCs werden auch in Tumoren nachgewiesen, die man auch als "nicht heilende Wunden" bezeichnen kann. Neben Fibroblasten und verschiedenen Entzündungszelltypen werden zirkulierende BMSCs durch inflammatorische Zytokine und Wachstumsfaktoren in die Tumorumgebung gelockt (tumor homing) und in das Tumorgewebe integriert. Die Wechselwirkung von MSCs und Tumorzellen wird immer noch kontrovers diskutiert. Verschiedene Untersuchungen und klinische Studien haben über gegensätzliche Auswirkungen transplantierter MSCs auf den Tumorstoffwechsel berichtet. Obwohl einige Studien über eine hemmende Wirkung auf das Wachstum und die Metastasierung von Tumorzellen berichten, zeigt die Mehrzahl der Studien, dass MSCs in Tumoren einwandern und dort pro-tumorale Effekte ausüben, die letztendlich die Karzinogenese, Tumorproliferation und Metastasierung fördern. Die Metastasierung ins Knochengewebe stellt einen der häufigsten Metastasierungsorte in allen HNSCC-Patienten dar und geht mit einer besonders schlechten Prognose einher. Unser Ziel ist es, die Mechanismen besser zu verstehen, durch die BMSCs die Metastasierung bei HNSCC fördern.
Exosomen sind kleine extrazelluläre Vesikel, die von Zellen als universelles Kommunikationssystem, auch über große Distanzen genutzt werden. Exosomen können Nukleinsäuren und Proteine transportieren und damit Empfänger-Zellen manipulieren. Die Analyse von Plasma von onkologischen Patienten zeigte, dass die Anzahl der Exosomen, insbesondere bei HNSCC-Patienten mit fortgeschrittener oder metastasierter Erkrankung, im Vergleich zu Plasma von gesunden Blutspendern deutlich erhöht war. Tumorzellen können daher aktive Exosomen-Produzenten sein. In der Mikroumgebung des Tumors vermitteln Exosomen autokrine, juxtakrine und parakrine Wechselwirkungen. Insbesondere ihre Auswirkungen auf die Angiogenese, die eine Voraussetzung für ein schnelles Tumorwachstum ist, werden derzeit intensiv untersucht. Uns interessiert insbesondere, wie tumorassoziierte Exosomen die HNC-Progression beeinflussen.
Trotz der gut untersuchten Bedeutung des Komplementsystems im gesunden Gewebe konnte bis zum heutigen Zeitpunkt nicht ausreichend geklärt werden, welch krankheitsfördernde Rolle das Komplementsystem für neoplastisches Gewebe darstellt. Wenn die chirurgische Entfernung des Tumors keine Option ist, gibt es außer der Strahlentherapie nur wenige vergleichbare Therapiemöglichkeiten für die Behandlung von fortgeschrittenen HNSCC. Die Modulation des Komplementsystems durch spezifische Aktivierung oder Hemmung könnte eine neue Strategie für die Behandlung von HNSCC sein. Im Mittelpunkt unserer Studien steht daher die Untersuchung des Komplementsystems mit seiner potenziellen Bedeutung für die Entstehung bzw. Entwicklung von Kopf-Hals-Tumoren. In unseren Arbeiten konnten in den Seren von HNSCC-Patienten erhöht Konzentrationen von Komplement-Aktivierungsmarkern nachgewiesen werden, die mit Differenzierung, Tumorgröße und Tumorausbreitung korrelierten. Darüber hinaus zeigten funktionelle Assays, dass es möglich ist, die Migration von Tumorzellen durch den Einsatz geeigneter Komplementinhibitoren zu beeinflussen. Darauf aufbauend soll das Komplementsystem als potenzieller prognostischer Biomarker und seine Bedeutung für die Tumorentwicklung untersucht werden.
Unsere wissenschaftliche Arbeit befasst sich mit dem Thema Zell-Zell und Zell-Matrixverbindungen bei der Progression des oralen Plattenepithelkarzinoms. Hierbei untersuchen wir zwei Arten von Proteinen, die bei der Entstehung von Tumoren eine Rolle spielen. Dies sind zellmembranständige, kalziumabhängige Zell-Zell- und Zell-Matrix Adhäsionsmoleküle, wie Cadherine und Integrine, die an der Zell-Zell-/ Zell-Matrix Adhäsion und der Aufrechterhaltung der Epithelstruktur beteiligt sind. Hierbei konzentrieren sich unsere Forschungsarbeiten im HNSCC auf die fehlregulierte Expression und Prozessierung von P-Cadherin während der Tumorprogression. Untersucht werden auch damit einhergehende fehlregulierte zelluläre Signalwege, welche die Tumorprogression beeinflussen. Zudem beschäftigen wir uns mit dem Einfluss von Zell-Zell und Zell-Matrix Interaktionen auf die Expression und Lokalisation von Immuncheckpoint-Proteinen wie PD-L1. Weiterhin analysieren wir den Einfluss von fehlerhaft sezernierten Proteinen, die in der Mikroumgebung von Tumoren einen negativen Einfluss auf das Verhalten von Tumorzellen ausüben, welches beispielsweise zu erhöhter Migration, Invasivität oder zu gesteigerter Proliferation führt. Trunkierte Formen und fehlregulierte Expression von P-Cadherin oder dem FACIT-Kollagen XVI spielen bei der Proliferation und Invasion entarteter Keratinozyten eine bedeutende Rolle.