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Abteilung für Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation

Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation

Gentherapie

Für die große Gruppe von erblichen (genetischen) Erkrankungen gibt es jedoch bisher wenige wirksame Behandlungen. Zu dieser Gruppe gehören die Thalassämie und Sichelzellkrankheit, die häufigsten genetischen Erkrankungen weltweit.

Die Gentherapie versteht sich als eine gezielte Übertragung von Genen oder Genbestandteilen in menschliche Zellen. Eine Gentherapie versucht somit durch gezielte Veränderung von Genen in Zellen von Kranken die Ursachen einer erblichen Erkrankung zu heilen und ist im Unterschied zu üblichen Therapieformen keine symptomatische Therapie.

Auch wenn es bereits erste zugelassene Gentherapeutika gibt, befinden sich die meisten gentherapeutischen Ansätze derzeit noch im Forschungs- und Entwicklungsstadium. Genomveränderungen, die im Rahmen einer sogenannten somatischen Gentherapie durchgeführt werden, werden nicht an die Nachkommen vererbt.

Bei der somatischen Gentherapie werden eigene (autologe) hämatopoetische Stammzellen des Patienten gewonnen. Diese Zellen werden dann im Labor mit einer modifizierten Kopie des defekten Gens versehen. Die korrigierten Zellen werden dann nach einer myeloablativen Chemotherapie dem Patienten wieder zugeführt.

Klinische Erfahrung besteht in dem gentherapeutischen Ansatz bei Patienten mit einer angeborenen hämatologischen Erkrankung (Sichelzellkrankheit und Thalassämie). Bei diesen Erkrankungen wird die Produktion von fötalem Hämoglobin durch eine sogenannte „Genschere“ wieder aktiviert. Fötales Hämoglobin ist von den genetischen Veränderung nicht betroffen, so dass die Notwendigkeit einer Transfusionstherapie oder die Symptome einer Sichelzellkrankheit beseitigt werden.

In unserer Abteilung konnte zum ersten Mal deutschlandweit eine Patientin mit einer Thalassämia mit CRISPR/CAS9 modifizierten Stammzellen erfolgreich behandelt werden. Die bisherigen klinischen Erfolge dieser „CRISPR/CAS9 Gene Editing“ Studien für Sichelzellkrankheit und transfusionsabhängiger Thalassämie stellen einen revolutionären Fortschritt in der Behandlung von angeborenen hämatologischen Erkrankungen dar.

  • Patienten mit schwerer und mittelschwerer Hämophilie A oder B erhalten bisher ein bis vier Mal wöchentlich eine intravenöse Gabe des fehlenden Blutgerinnungsfaktors (Faktor-VIII- bzw. Faktor-IX-Konzentrate) zur Prophylaxe spontaner Gelenk- oder Muskeleinblutungen. Diese können bei Betroffenen zu schweren Folgeschäden wie Gelenkarthropathie oder Muskelverkürzungen führen. Die Faktortherapie erfolgt in der sogenannten Heimselbstversorgung durch die Eltern oder durch die Patienten selbst. Hierfür stehen mittlerweile zahlreiche Faktorprodukte zur Verfügung, die auf die Lebensumstände der Patienten individuell abgestimmt angewendet werden können, wodurch die Betroffenen in den letzten Jahrzehnten einen großen Zugewinn an Lebensqualität erhalten haben und Folgeschäden durch Gelenk- oder Muskelblutungen deutlich reduziert werden konnten. Zudem ist seit einigen Jahren ein Antikörper erhältlich, der den Faktor-VIII nachahmt und ersetzt. Diese Anwendung erfolgt einmal wöchentlich bis zweiwöchentlich subkutan. Trotz großer Fortschritte gehören die bisherigen Therapieformen jedoch alle zu den sogenannten Ersatztherapien. Eine Heilung der Hämophilie ist hierdurch nicht möglich. Die Ersatztherapie muss lebenslang erfolgen.

    Während der letzten 10 Jahre wurden in der Gentherapie der Hämophilie große Fortschritte erzielt. Die Anwendung der Gentherapie steht nun zunehmend Patienten mit schwerer und mittelschwerer Hämophilie A und B im Rahmen von Therapiestudien zur Verfügung. Hierbei wird das defekte Gen für Faktor-VIII bzw. Faktor-IX durch das intakte Gen mit Hilfe der sogenannten Vektor-vermittelten Gentherapie ersetzt. Dabei wird das intakte Faktor-VIII/-IX-Gen in die Virushülle des Adeno-Assoziierten-Virus (AAV), das für den Menschen unbedenklich ist, eingebracht und dem Patienten als Kurzinfusion verabreicht. Dieser Vektor dringt in die Leberzelle ein und schleust so das intakte Gen in die Zelle, wo es als Ring-DNA im Zytoplasma der Zelle verbleibt und der intakte Faktor-VIII/-IX produziert werden kann. Das Gen wird hierbei nicht in den Zellkern und damit auch nicht in die eigene Erbsubstanz integriert. Bisher behandelte Patienten weisen über einen Beobachtungszeitraum von nun bis zu 10 Jahren eine individuell konstante Faktor-Aktivität von über 10% auf. Die schwere Hämophilie wird zu einer milden Hämophilie oder sogar Subhämophilie abgemildert. Hierdurch benötigen die Patienten keine regelmäßige Faktorersatztherapie zur Prophylaxe von Blutungen mehr.

    Unser pädiatrisches Zentrum wurde als eines von 5 deutschen Infusionszentren zur Durchführung der Gentherapie von Erwachsenen und Kindern mit schwerer und mittelschwerer Hämophilie B ausgewählt. Während in den vergangenen Jahren mehrere Gentherapiestudien im Erwachsenenalter erfolgreich durchgeführt wurden, steht nun auch Kindern und Jugendlichen weltweit erstmals dieser kurative Therapieansatz zur Verfügung.

    Bei Interesse können Sie sich gerne bei uns für eine ausführliche Beratung melden.