Wenn ein kastrationsresistentes Prostatakarzinom trotz leitliniengerechter medikamentöser Therapie (Hormontherapie, Chemotherapie) fortschreitet, steht als Behandlungsoption die Therapie mit radioaktiven Lutetium-177-markierten PSMA-Liganden zur Verfügung. Therapieziel ist hierbei, die Tumorlast zu verkleinern bzw. im Wachstum zu stoppen und damit das Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern. Eine Heilung ist durch diese momentan noch als experimentell eingestufte Behandlung nicht zu versprechen. Nachdem aber in großen Studien (TheraP, VISION) diese Behandlungsform einige Vorteile gegenüber bisherigen Therapieansätzen aufgewiesen hat, erfolgte im März 2022 in den USA die Zulassung des ersten Präparates dieser Substanzgruppe (Lu-177-PSMA-617).
Die für diese Behandlung erforderlichen Lu-177-markierten PSMA-Liganden sind in Deutschland arzneimittelrechtlich noch nicht zugelassen und kommerziell nicht verfügbar. Zur Sicherstellung der Versorgung werden diese speziellen radioaktiven Medikamente am Universitätsklinikum Regensburg für die Behandlung unserer Patienten aufwändig hergestellt und unter Einhaltung der besonderen Regelungen des deutschen Arzneimittelgesetzes eingesetzt.
Die Behandlung ist in Deutschland eine reguläre Kassenleistung und erfolgt stets stationär. Für die Therapie ist ein etwa viertägiger Aufenthalt auf unserer speziellen Strahlenschutzstation erforderlich.
Die Behandlung wird bereits am Aufnahmetag durchgeführt. Die mit Lu-177-markierten PSMA-Liganden werden dabei über eine Infusion verabreicht. Die Substanz bindet an spezielle Membraneiweiße (Prostata-spezifisches Membran-Antigen, PSMA) auf der Tumorzelle und erreicht dadurch vor Ort die gewünschte Bestrahlung.
Die Verteilung der radioaktiven Substanz wird mittels einer Gammakamera abgebildet. Damit können wir einerseits die Anreicherung in den Tumorherden dokumentieren, andererseits die Dosis von Organen wie Knochenmark und Nieren kontrollieren, um bei wiederholten Therapiezyklen gegebenenfalls die Dosierung anzupassen und Organschäden zu vermeiden.
Die Therapiewirkung basiert auf einer speziellen Entzündungsreaktion, welche die Betastrahlungskomponente des Lutetium-177 bewirkt. Die Wirkung entfaltet sich kontinuierlich über mehrere Wochen. Üblicherweise erfolgt die Therapie in bis zu sechs Zyklen im Abstand von jeweils zwei Monaten.
Der Teil des radioaktiven Medikamentes, der sich nicht in Prostatakrebszellen oder an sonstigen Stellen im Körper angereichert hat, wird über Urin und Stuhl ausgeschieden, der Großteil in den ersten Tagen. Daher ist Ihr Aufenthalt auf unserer Strahlenschutzstation erforderlich, die über eine spezielle Abwasserrückhalteanlage verfügt. Besuch ist auf dieser Station nicht zulässig.
Um zu prüfen, ob die Therapie mit Lu-177-markierten PSMA-Liganden bei Ihnen durchführbar ist, benötigen wir das vollständig ausgefüllte Anmeldeformular sowie einen aktuellen uro(onko)logischen Arztbrief mit vollständiger Tumoranamnese (mit Diagnose, bereits erfolgten Therapien und deren Ansprechen sowie PSA-Verlauf). Außerdem sollte Ihr Fall in einer uroonkologischen Tumorkonferenz vorgestellt und sich darin positiv für diese Therapieform ausgesprochen worden sein.
Die Kontaktaufnahme mit dem Patienten zur Planung des Aufklärungsgesprächs erfolgt zügig nach Zusendung des ausgefüllten Anmeldeformulars sowie aktueller Befunde und Arztbriefe. Gegebenenfalls ist zuvor zusätzlich die Durchführung einer PSMA-PET/CT erforderlich.
Bei der Vorstellung in unserer Ambulanzsprechstunde erfolgt ein ausführliches Aufklärungsgespräch über die Durchführung der Maßnahme sowie über typische Risiken und mögliche Komplikationen der Therapie, ggf. auch eine Blutentnahme für Laborbestimmungen. Ein Termin für eine ergänzende Nierenuntersuchung mit MAG3 wird zum Ausschluss relevanter Harnabflussstörungen vereinbart.
Etwa eine Woche vor der stationären Aufnahme setzt sich unser Pflegepersonal mit Ihnen telefonisch in Verbindung und bespricht mit Ihnen die üblichen Fragen zum Ablauf Ihres Aufenthaltes auf unserer Spezialstation.
Prinzipiell ist die Therapie mit radioaktiven Lutetium-177-markierten PSMA-Liganden ein nebenwirkungsarmes und gut verträgliches Therapieverfahren, insbesondere im Vergleich zu anderen Krebstherapien beim Prostatakarzinom. Mögliche Risiken und typische Komplikationen werden Ihnen vorab in einem Aufklärungsgespräch erörtert. Die häufigsten Nebenwirkungen kann man gut mit dem Entzündungsprozess erklären, den die Betastrahlung auslöst. In seltenen Fällen kann es unter anderem zu folgenden Nebenwirkungen kommen: Blutbildveränderungen, Nierenfunktionseinschränkungen, Mund- und Augentrockenheit, Übelkeit und Erbrechen. Bei gewissenhafter Vorbereitung und Dosierung lassen sich die Nebenwirkungen in der Regel sehr gut kontrollieren.
Prostatakarzinome betreffen viele Männer und die urologische Versorgung setzt spezielle Kenntnisse voraus. Wir bieten besondere nuklearmedizinische Untersuchungs- und Behandlungsverfahren an, die im weiten Umkreis nur in unserer Abteilung durchgeführt werden können. Wir kooperieren dabei im großen Einzugsbereich des Comprehensive Cancer Center Ostbayern (CCCO) mit allen auf Prostatakarzinome spezialisierten Fachpraxen und Kliniken, die sich mit um die Nachsorge kümmern. Dabei sind wir eingebunden in das uroonkologische Tumorzentrum der Regensburger Universitätsmedizin, auch als Partnerinstitution der uroonkologischen Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung (ASV).