Wenn neuroendokrine Tumoren trotz leitliniengerechter medikamentöser Therapie (Hormontherapie, Chemotherapie) fortschreiten, stellt die Therapie mit radioaktiven Lutetium-177-markierten Somatostatinrezeptor-Liganden eine Alternative dar. Therapieziel ist hierbei, die Tumorlast zu verkleinern bzw. das Wachstum zu stoppen und damit das Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern. Eine Heilung ist durch diese momentan noch als experimentell eingestufte Behandlung nicht zu versprechen.
Die für diese Behandlung erforderlichen Lu-177-markierten Somatostatinrezeptor-Liganden werden am Universitätsklinikum Regensburg für die Behandlung unserer Patienten aufwändig hergestellt und unter Einhaltung der besonderen Regelungen des deutschen Arzneimittelgesetzes eingesetzt.
Die Behandlung ist in Deutschland eine reguläre Kassenleistung und erfolgt stets stationär. Der Aufenthalt auf unserer speziellen Strahlenschutzstation dauert mindestens vier Tage.
Die Behandlung mit Lu-177-markierten Somatostatinrezeptor-Liganden erfolgt bereits am Aufnahmetag. Das Medikament wird durch eine Infusion verabreicht. Diese Substanz bindet an Somatostatinrezeptoren auf der Tumorzelle und erreicht dadurch vor Ort die gewünschte Tumorbestrahlung.
Während des stationären Aufenthaltes wird die Verteilung der radioaktiven Substanz mittels einer Gammakamera abgebildet. Damit können wir einerseits die Anreicherung in den Tumorherden wie vorgeschrieben dokumentieren, andererseits die Dosis von Organen wie Knochenmark und Nieren kontrollieren, um bei wiederholten Therapiezyklen gegebenenfalls die Dosierung anzupassen und Organschäden zu vermeiden.
Die Therapiewirkung basiert auf einer speziellen Entzündungsreaktion, welche die Betastrahlungskomponente des Lutetium-177 bewirkt, und entfaltet sich kontinuierlich über mehrere Wochen. Üblicherweise erfolgt die Therapie in bis zu vier Zyklen im Abstand von jeweils zwei Monaten.
Der Teil des radioaktiven Medikamentes, der sich nicht an Somatostatinrezeptoren oder sonstigen Stellen im Körper angereichert hat, wird über Urin und Stuhl ausgeschieden, der Großteil in den ersten Tagen. Daher ist Ihr Aufenthalt auf unserer Strahlenschutzstation erforderlich, die über eine spezielle Abwasserrückhalteanlage verfügt. Besuch ist auf dieser Station nicht zulässig.
Zur Überprüfung der Sinnhaftigkeit und Durchführbarkeit einer Therapie mit Lu-177-markierten Somatostatinrezeptoren benötigen wir das vollständig ausgefüllte Anmeldeformular sowie einen aktuellen onkologischen Arztbrief mit vollständiger Tumoranamnese (mit Diagnose, bereits erfolgten Therapien und deren Ansprechen sowie Tumormarker-Verlauf). Außerdem möglichst ein positives Votum einer onkologischen Tumorkonferenz für die Durchführung dieser Therapie per Fax unter 0941 944-7530.
Die Kontaktaufnahme zur Planung des Aufklärungsgesprächs erfolgt zügig nach Zusendung des ausgefüllten Anmeldeformulars sowie aktueller Befunde und Arztbriefe. Gegebenenfalls ist zuvor zusätzlich die Durchführung einer Somatostatinrezeptor-PET/CT erforderlich.
Bei der Vorstellung in unserer Ambulanzsprechstunde erfolgt ein ausführliches Aufklärungsgespräch über die Durchführung der Maßnahme sowie über typische Risiken und mögliche Komplikationen der Therapie, ggf. auch eine Blutentnahme für Laborbestimmungen. Ein Termin für eine ergänzende Nierenuntersuchung mit MAG3 wird zum Ausschluss relevanter Harnabflussstörungen vereinbart.
WICHTIG: Vier Wochen vor der geplanten Therapie sollte die letzte Gabe von Somatostatin-Analoga erfolgen (z.B. Lanreotid oder Somatuline).
Etwa eine Woche vor der stationären Aufnahme setzt sich unser Pflegepersonal mit Ihnen telefonisch in Verbindung und bespricht mit Ihnen die üblichen Fragen zum Ablauf Ihres Aufenthaltes auf unserer Spezialstation.
Prinzipiell ist die Therapie mit radioaktiven Lutetium-177-markierten Somatostatinrezeptor-Liganden ein nebenwirkungsarmes und gut verträgliches Therapieverfahren, insbesondere im Vergleich zu anderen Krebstherapien bei Neuroendokrinen Tumoren. Mögliche Risiken und typische Komplikationen werden Ihnen vorab in einem Aufklärungsgespräch erörtert. Die häufigsten strahlungsbedingten Nebenwirkungen kann man gut mit dem Entzündungsprozess erklären, den die Betastrahlung auslöst. In seltenen Fällen kann es unter anderem zu folgenden Nebenwirkungen kommen: Blutbildveränderungen, Nierenfunktionseinschränkungen, Übelkeit und Erbrechen. Zum Schutz vor Nierenkomplikationen erfolgt die Behandlung mit begleitender Infusion von bestimmten Eiweißbausteinen (Aminosäuren), die Elektrolytverschiebungen sowie Übelkeit und Erbrechen hervorrufen können. Bei gewissenhafter Vorbereitung und Dosierung lassen sich die Nebenwirkungen meistens gut kontrollieren.